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Transsexualismus
Diagnose, Behandlung und Begutachtung
Nachstehend die Ausführungen von Dr. Hans-Günter Pichlo, welche als Richtlinie
für den MDK Niederrhein erstellt wurde und freundlicherweise zur Verfügung
gestellt wurde.
Dieser spiegelt die Auffassungen des "Arbeitskreises Transsexualismus NRW",
bestehend aus Ärzten und Psychologen in Nordrheinwestfalen, wieder und lässt die
Richtlinien erkennen, unter denen im Bezirk Nordrhein einer Kostenübernahme
durch die Krankenkassen zugestimmt wird.
Transsexualismus
Diagnose, Behandlung und Begutachtung
Inhalt
Störungsbild
Transsexualismus bezeichnet eine bestimmte Form der Störungen der
Geschlechtsidentität. Transsexualität ist primär kein Problem der Sexualität,
sondern ein Problem der Geschlechtsidentität ("Transidentität") und der
Geschlechtsrolle ("Transgender").
Transsexualismus ist gekennzeichnet durch die dauerhafte Gewissheit, sich dem
biologisch anderen Geschlecht zugehörig zu fühlen. Dazu gehören die Ablehnung
der mit dem biologischen Geschlecht verbundenen Rollenerwartungen und der
drängende Wunsch, sozial und juristisch anerkannt im gewünschten Geschlecht zu
leben.
Entsprechend besteht eine graduell durchaus unterschiedliche Ablehnung der
körperlichen Merkmale des angeborenen Geschlechtes sowie in der Regel der
Wunsch, durch hormonelle und chirurgische Maßnahmen soweit als möglich die
körperliche Erscheinungsform dem Identitätsgeschlecht anzugleichen. Diese
hormonelle und
chirurgische "Geschlechtsumwandlung" kann aber nur eine graduelle Angleichung
sein.
Leiden oder Behinderung transsexueller Menschen manifestiert sich über die
Lebensspanne auf verschiedene Weise. Bei älteren Kindern führen die Konflikte im
Zusammenhang mit der Entwicklung geschlechtsangemessener Fertigkeiten und
adäquater Beziehungen zu gleichgeschlechtlichen Altersgenossen häufig zur
Isolation.
Ächtung und Hänseleien durch Altersgenossen sind besonders verbreitete
Folgeerscheinungen für Jungen, die oft ausgeprägte weibliche Manierismen und
Sprachmuster zeigen. Isolation und Ächtung tragen zu einem niedrigen
Selbstwertgefühl bei und können zu Schulaversion und Schulabbruch führen.
Mädchen und
Frauen mit Geschlechtsidentitätsstörungen erfahren allgemein eine geringere
Ächtung aufgrund ihres Interesses für die Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht
und haben zumindest bis zur Adoleszenz meist weniger unter Ablehnung durch
Altersgenossen zu leiden. Bei Jugendlichen und Erwachsenen gerät die
Vereinnahmung
durch den Wunsch nach Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht häufig in Konflikt
mit ganz gewöhnlichen Tätigkeiten. Beziehungsschwierigkeiten sind verbreitet und
die Leistungsfähigkeit in der Ausbildung und bei der Arbeit kann gestört sein.
Das Störungsbild kann so beherrschend sein, dass das psychische Leben der
Betroffenen sich einzig um jene Aktivitäten dreht, die das Leiden an der
Geschlechtszugehörigkeit mindern. Sie sind häufig vereinnahmt von der
Beschäftigung mit ihrem Erscheinungsbild, insbesondere in der frühen Phase des
Wechsels zu einem Leben im anderen Geschlecht. Nicht selten kommt es zu
Depressionen, Suizidversuchen und zu Missbrauch psychotroper Substanzen.
Die Angaben zur Häufigkeit liegen zwischen 1 : 10.000 - 1 : 30.000 für
Mann-zu-Frau-Transsexuelle (Transfrauen) und zwischen 1 : 15.000 - 1 : 100.000
für Frau-zu-Mann-Transsexuelle (Transmänner).
Es gibt zwei verschiedene Verlaufsformen der Entwicklung einer
Geschlechtsidentitätsstörung. Die erste Form betrifft biologische Männer und
Frauen. Sie ist die Fortsetzung einer bereits in der Kindheit oder frühen
Adoleszenz beginnenden Geschlechtsidentitätsstörung ("primäre"
Transsexualismus). Diese
Betroffenen werden typischer Weise in der späten Adoleszenz oder im frühen
Erwachsenenalter vorstellig. Die andere Verlaufsform betrifft fast ausnahmslos
biologische Männer. Bei dieser zweiten Verlaufsform treten die offeneren
Anzeichen eines Zugehörigkeitsgefühls zum anderen Geschlecht später und
gradueller auf, zumeist im frühen bis mittleren Erwachsenenalter ("sekundärer"
Transsexualismus). Auch bei dieser Gruppe besteht meist früh ein Unbehagen mit
dem eigenen biologischen Geschlecht, es gelingt den Betroffenen aber zunächst,
sich mit ihrem biologischen Geschlecht und der entsprechenden sozialen Rolle
mehr oder weniger gut zu arrangieren. Diese Gruppe mit später einsetzender
offener Symptomatik ist mit größerer Wahrscheinlichkeit sexuell auf Frauen
orientiert, im Ausmaß des Zugehörigkeitsgefühls zum anderen Geschlecht
wechselhafter und bezüglich der Geschlechtstransformationsoperation
unentschiedener; auch die Wahrscheinlichkeit der Zufriedenheit nach einer
sogenannten Geschlechtsumwandlung kann bei ihnen geringer sein.
Ursachen und
Verlaufsbedingungen von Geschlechtsidentitätsstörungen sind noch weitgehend
ungeklärt und Gegenstand verschiedener theoretischer Ansätze. Bisher konnte
weder eine anlagebedingte, noch eine körperliche, noch eine psychische Genese
nachgewiesen werden. Ein persistierendes transsexuelles Begehren ist vermutlich
das Resultat aufeinander folgender, in verschiedenen Abschnitten der
psychosexuellen Entwicklung gelegener, summierend wirksam werdender
Einflußfaktoren. Dementsprechend können möglicherweise unterschiedliche
Entwicklungswege zur Ausprägung des transsexuellen Erlebens führen.
Grundsätzliche Vorbemerkungen
Transsexualismus ist in aller Regel zunächst eine Selbstdiagnose. Die Heftigkeit
des Geschlechtsumwandlungswunsches und die Selbstdiagnose allein können nicht
als einzige Indikatoren für das Vorliegen von Transsexualismus gewertet werden.
Sowohl die zuverlässige Diagnose wie auch der Wechsel zu einem Leben im anderen
Geschlecht - angefangen vom Entschluß zum Umstieg und der Inkenntnissetzung der
Bezugspersonen und des sozialen Umfeldes, über die Erprobung der Lebbarkeit der
gewünschten
Geschlechtsrolle und der Klärung der individuell erforderlichen
geschlechtsangleichenden somatischen Behandlungsmaßnahmen, bis hin zu deren
Durchführung einschließlich der medizinischen Nachbetreuung - sind nur im Rahmen
eines längeren gestuften diagnostisch-therapeutischen Prozesses möglich, bei dem
hormonelle und chirurgische Maßnahmen eingebettet sind in eine
psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung. Dabei müssen in
jeder Phase der Behandlung immer auch die psychosozialen Aspekte mit
berücksichtigt werden und es darf nicht auch den Augen verloren werden, dass die
Betroffenen ihr Leben neu lernen.
Auf der
gesellschaftlichen Ebene gibt es in den letzten Jahrzehnten eine anhaltende
Tendenz zu einer Flexibilisierung der früher relativ starren Merkmale der
Geschlechtszugehörigkeit. Damit einhergehend ist die gesellschaftliche Toleranz
gegenüber uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen größer und die Bestimmung der
Geschlechtszugehörigkeit ausschließlich nach körperlichen Merkmalen unüblicher
geworden. Zwar bedarf es zur Darstellung der Rolle als Mann oder Frau und zur
sozialen Anerkennung in dieser Rolle spezifischer Zeichen, aber diese
Männlichkeit und Weiblichkeit signalisierenden Zeichen sind im Alltag und im
Erleben von
Menschen nicht in der Weise an die Beschaffenheit des Körpers gebunden, wie es
die traditionelle, am Körper orientierte Unterscheidung von Frau und Mann
glauben macht. Der Zirkelschluß: "Transsexuell ist, wer anhaltend und
überzeugend geschlechtsangleichende Operationen anstrebt - bei Vorliegen
einer Transsexualität sind geschlechtsangleichende Operationen indiziert" hat in
der Vergangenheit immer wieder für Transsexuelle zu einem Zwang geführt, sich
weitgehenden operativen Eingriffen zu unterziehen, um als "echte" Transsexuelle
zu gelten. Die Reflexion dieser Entwicklung und Problematik hat zu einem
Richtungswechsel in der systematischen Beschreibung und der Krankheitslehre
geführt. Dabei wurde die Diagnose Transsexualismus von den Indikationskriterien
für geschlechtsangleichende Operationen getrennt und damit der Stellenwert
geschlechtsangleichender Operationen als einzige "Lösung" bei Transsexualität
relativiert. Praktisch bedeutet dies, dass auch aus der weitgehend sicheren
Diagnose Transsexualismus nicht ohne weiteres somatische Therapiemaßnahmen sowie
deren Umfang und Zeitpunkt abzuleiten sind. Ausschlaggebend für die psychische
Stabilisierung von Transsexuellen ist die konstante Erfahrung, in ihrem
Wunschgeschlecht angekommen zu sein und in diesem anerkannt zu werden. Wie weit
ein Transsexueller in seinem Streben nach
Angleichung seines Körpers an das psychisch empfundene Geschlecht geht, hängt
also wesentlich auch davon ab, wie weit ihm die soziale Integration und
Anerkennung in seinem Identitätsgeschlecht ggf. auch ohne hormonelle oder
chirurgische Angleichung gelingt.
Beratungsstellen
und Selbsthilfegruppen
Ärztliche Beratungsstellen für transsexuelle Menschen bestehen in Nordrhein an
den psychiatrischen Universitätskliniken Aachen und Essen, in Westfalen außerdem
an der psychiatrischen Universitätsklinik Münster.
Psychosoziale
Beratung und Betreuung Betroffener und Angehöriger bietet die Deutsche
Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) (Informationen über
http://www.dgti.org oder http://dgti.trans-info.de). Zur Erleichterung des
Alltagstestes ist über die dgti auf ärztliches oder psychologisches Attest die
Ausstellung eines Ergänzungsausweises als Legitimation der gelebten
Geschlechtsrolle gegenüber Behörden, Institutionen und der Polizei auch vor
einer gerichtlichen Vornamensänderung nach dem
Transsexuellengesetz möglich.
Ratsam ist darüber hinaus auch der Anschluß an eine Selbsthilfegruppe.
Diagnosekriterien
Für die Diagnose "F64.0: Transsexualismus" müssen nach der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision der WHO (ICD - 10) folgende Kriterien erfüllt sein:
· der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden;
· das Unbehagen oder das Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen biologischen Geschlecht;
· der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen (zur Problematik dieses Kriteriums siehe oben ).
Für die Diagnose "F64.0: Geschlechtsidentitätsstörung bei Jugendlichen und Erwachsenen" müssen nach dem diagnostischen und statistischen Manual psychischer Störungen, 4. Auflage der American Psychiatric Association (DSM IV) folgende Kriterien erfüllt sein:
· ein starkes und andauerndes Zugehörigkeitsgefühl zum anderen Geschlecht,
· ein anhaltendes Unbehagen hinsichtlich der biologischen Geschlechtszugehörigkeit bzw. ein Gefühl der Inadäquatheit in der entsprechenden Geschlechtsrolle;
· ein klinisch relevanter Leidensdruck oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Die genannten Kriterien verlangen folgende diagnostische Maßnahmen:
· eine Erhebung der biographischen Anamnese mit den Schwerpunkten der Geschlechtsidentitäts- und psychosexuellen Entwicklung sowie der gegenwärtigen Lebenssituation;
· eine körperliche Untersuchung mit Erhebung des andrologischen / urologischen bzw. gynäkologischen sowie endokrinologischen Befundes;
·
eine klinische psychiatrisch-psychologische Diagnostik, da viele
Transsexuelle erhebliche vorausgegangene oder gleichzeitig bestehende
psychopathologische Auffälligkeiten aufweisen. Oft sind diese psychiatrischen
Vor- und Begleiterkrankungen unter dem Blickwinkel der transsexuellen Störung zu
relativieren und
neu zu bewerten.
Behandlungsleitlinien
Behandlungsleitlinien sind
· die "Standards of Care for Gender Identity Disorders" der Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association, 6. Version von Februar 2001;
·
die "Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen"
der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, der Akademie für
Sexualmedizin und der Gesellschaft für Sexualwissenschaft von 1997.
Die dortigen
Empfehlungen und Vorgaben sind in den folgenden Ausführungen zusammengefasst.
Psychotherapie
Psychotherapie bzw. psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung
hat in Verbindung mit der Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle zentrale
Bedeutung in der Behandlung Transsexueller und muss in jedem Fall vor der
Einleitung somatischer Therapiemaßnahmen stehen. In der Regel sollte diese
Begleitung /
Behandlung im Rahmen einer antragspflichtigen ambulanten Psychotherapie
erfolgen, im Einzelfall kann dazu aber auch eine mehr oder weniger weitmaschige
psychiatrische Begleitung / Behandlung ausreichend sein. Die
psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung bzw. die
Psychotherapie ist neutral
gegenüber dem transsexuellen Wunsch. Sie hat weder das Ziel, dieses Bedürfnis zu
forcieren, noch es aufzulösen.
Aufgaben und Ziele der psychiatrisch-psychotherapeutischen
Begleitung / Behandlung sind:
·
begleitend durch eine hinreichend lange Verlaufsbeobachtung die
Diagnose zu sichern, einschlägige Differenzialdiagnosen auszuschließen und ggf.
psychische
Begleiterkrankungen und / oder relevante psychische Probleme zu erkennen;
·
klärend und beratend zusammen mit der Alltagserprobung der neuen
Geschlechtsrolle dem Betroffenen dazu verhelfen, die adäquate individuelle
Lösung für sein spezifisches Identitätsproblem zu finden und die Möglichkeiten
und Grenzen somatischer Behandlung realistisch einzuschätzen (Psychotherapie im
weiteren Sinne);
· behandelnd und aufarbeitend im Falle psychischer Begleiterkrankung und / oder relevanter psychischer Probleme (Psychotherapie im engeren Sinne).
Sowohl die
Psychotherapie im weiteren wie auch im engeren Sinne sollen letztlich eine
reife, bewußte, abgewogene und selbstverantwortliche Entscheidung über den
Geschlechtsrollentausch sowie über die notwendigen somatischen
Behandlungsmaßnahmen ermöglichen.
Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle (sogenannter
Alltagstest)
Der sogenannte Alltagstest (engl.: full-time real-life experience) bezeichnet
eine Selbsterfahrung bzw. Selbsterprobung im Identitätsgeschlecht, in der der
Betroffene durchgängig in allen sozialen Bezügen in der angestrebten
Geschlechtsrolle lebt. Dabei greifen Alltagserprobung und Psychotherapie Hand in
Hand:
·
dem behandelnden Psychiater / Psychotherapeuten obliegt die
Dokumentation der Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle;
Psychotherapie im weiteren Sinne bietet Klärung und Beratung bei psychosozialen
Problemen;
· Psychotherapie im engeren Sinne ist erforderlich im Falle psychiatrischer Begleiterkrankung, relevanter psychischer Probleme und / oder noch bestehender Zweifel bezüglich des Geschlechtsrollentausches.
Die Alltagserprobung soll sozial verträglich angelegt sein und nicht als durchzustehender "Härtetest" verstanden werden. Hilfreich sind ein ärztliches oder psychologisches Attest über Durchführung der Alltagserprobung, ein Ergänzungsausweis und / oder die gerichtliche Vornamensänderung. Unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann die Alltagserprobung in den sozialen Auswirkungen erleichtert werden durch vorgezogene gegengeschlechtliche Hormontherapie, bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch vorgezogene Epilationsbehandlung und bei Frau-zu-Mann-Transexuellen durch vorgezogene Brustamputaton. Die Alltagserprobung soll die innere Stimmigkeit des dentitätsgeschlechtes in seiner individuellen Ausgestaltung und die Lebbarkeit der gewünschten Geschlechtsrolle zeigen und zu einem deutlichen Zugewinn an Lebenszufriedenheit führen.
Inhaltliche
Voraussetzungen für geschlechtsangleichende somatische Behandlung:
Vor Einleitung somatischer Behandlungsmaßnahmen müssen durch die
psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung und durch die
Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle folgende inhaltliche Kriterien
erreicht sein:
· Diagnosesicherung durch ausreichend lange psychiatrisch-psychotherapeutische Verlaufsbeobachtung;
· ausreichende psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung psychischer Begleiterkrankungen sowie Aufarbeitung relevanter psychischer Probleme;
· innere Stimmigkeit des Identitätsgeschlechtes in seiner individuellen Ausgestaltung und Lebbarkeit der gewünschten Geschlechtsrolle;
· realistische Einschätzung der Möglichkeiten, Grenzen und Risiken somatischer Behandlungen.
Faktoren, die nach europäisch-nordamerikanischer Praxis die Indikation geschlechtsverändernder Operationen verzögern oder ausschließen können, sind:
· instabile Geschlechtsidentität
· Alkohol- und Drogenabhängigkeit
· Suizidversuche in jüngerer Zeit
· Schizophrenie
· manisch-depressive Krankheit
· organische Hirnerkrankung
· Minderbegabung
· psychosoziale Instabilität
· jünger als 18, 20 oder 21 Jahre
· älter als 50 oder 60 Jahre
· positiver HIV-Status
Rückumwandlungswünsche sind bei richtiger Indikationsstellung und ausreichender therapeutischer Vor- und Nachsorge sehr selten. Sie kommen insbesondere vor:
·
wenn die Diagnose nicht einwandfrei zu stellen war;
wenn keine sachgerechte therapeutische Vor- und Nachsorge erfolgte;
· bei mangelnder Kooperation in der therapeutischen Vor- und Nachsorge;
·
wenn keine ausreichend lange Alltagserprobung erfolgte;
bei ungenügender sozialer Unterstützung, vor allem durch die Familie;
· bei instabiler Persönlichkeit oder Alkohol- und Drogenabhängigkeit;
· bei psychotischer Erkrankung oder schwerer erlebnisreaktiver Störung in der Vorgeschichte;
· wenn die postoperative soziale Eingliederung misslingt;
· wenn keine zufriedenstellende Partnerschaft erreicht wird;
· wenn dauernde Arbeitslosigkeit besteht;
· bei ungünstigen körperlichen Konstitutionsmerkmalen.
Gegengeschlechtliche Hormonbehandlung
Voraussetzungen für die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung sind:
· hinreichende Erfüllung der oben genannten inhaltlichen Kriterien für geschlechtsangleichende somatische Behandlung;
· psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung über ca. 6 - 12 Monate;
· Alltagserprobung über ca. 3 - 6 Monate.
Eine
gegengeschlechtliche Hormontherapie kann im begründeten Einzelfall auch ohne
vorherige Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle indiziert sein, um diese
erst zu ermöglichen. Die oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für
geschlechtsangleichende somatische Behandlung sollten dann aber bis auf die
Alltagserprobung hinreichend gegeben und die psychiatrisch-psychotherapeutische
Begleitung / Behandlung mindestens 6 - 12 Monate erfolgt sein.
Die Einleitung
der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung und die Bestimmung der Frequenz der
Kontrollen sollen durch einen endokrinologisch erfahrenen Arzt auf
psychiatrisch-psychotherapeutischer Indikationsstellung erfolgen. Die
Auswirkungen der gegengeschlechtlichen Hormonbehandlung sind zum Großteil
irreversibel.
Eine zu früh begonnene Hormonbehandlung erschwert die Diagnostik und bedeutet
ggf. eine ungünstige vorzeitige Festlegung. Sie sollte in der Regel nicht vor
dem 18. Lebensjahr begonnen werden. Die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung
muß lebenslang erfolgen. Ggf. müssen relative Kontraindikationen abgewogen
werden. Außerdem muss die dauerhafte somatische und psychische Verträglichkeit
der hormonellen Behandlung erprobt werden.
Die gegengeschlechtliche Hormontherapie erfolgt im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit außerhalb der zugelassenen Indikationen der jeweiligen Hormonpräparate. Als "off label"-Verordnung ist sie prinzipiell von der Krankenkasse bewilligungspflichtig, hat dann aber auf Kassenrezept zu erfolgen.
Geschlechtsangleichende Operationen
Voraussetzungen für geschlechtsangleichende Operationen sind:
·
volle Erfüllung der oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für
geschlechtsangleichende somatische Behandlung;
psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung / Behandlung über mindestens 18 -
24 Monate;
·
erfolgreiche Alltagserprobung über mindestens 12 - 18 Monate;
gegengeschlechtliche Hormonbehandlung über mindestens 6 - 12 Monate.
Die Indikationsstellung zur geschlechtsangleichenden Operation erfordert
· nach den "Standards of Care for Gender Identity Disorders":
o für die ( vorgezogene ) Brustamputation einen psychiatrisch-psychotherapeutischen Befund-/ Verlaufsbericht;
o für die angleichende Genitaloperation zwei psychiatrisch-psychotherapeutische Befund-/Verlaufsberichte (es reicht ein Bericht, wenn von zwei Psychiatern / Psychotherapeuten unterschrieben);
· nach den "Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen":
o ein ausführliches psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten eines qualifizierten Therapeuten/Gutachters.
Geschlechtsangleichende operative Maßnahmen bei Mann-zu-Frau-Transsexuellen
sind:
·
Epilation der Barthaare:
Grundsätzlich wird auch die Epilation der Barthaare zu den
geschlechtsangleichenden Maßnahmen gezählt wegen der besonderen Exponiertheit
des Gesichtes und der Bedeutung für die soziale Akzeptanz. Zu klären sind der
richtige Zeitpunkt, der erforderliche Umfang und die Methode der Epilation. Die
Epilation
kann schon während der Hormonbehandlung begonnen werden. Eine dauerhafte
Epilation wird nur durch die zeitaufwendige Nadelelektro-Epilation erreicht,
während die Laser-Epilation schnell eine flächige, aber meist nicht dauerhafte
Epilation bewirkt.
·
operative Brustvergrößerung:
In den meisten Fällen führt die gegengeschlechtliche Hormonbehandlung zu einer
ausreichenden Brustentwicklung. Entsprechend ist eine operative
Brustvergrößerung nur selten indiziert.
·
angleichende Genitaloperation Mann-zu-Frau:
Diese besteht in Amputation des Penisschaftes und der Hoden sowie die Bildung
von Neovulva, Neoklitoris und Neovagina.
andere operative Eingriffe (z. B. Kehlkopfplastik, Stimmbandverkürzung): Diese
werden häufig angestrebt, gelten jedoch nicht als Standard. Die Indikation ist
im Einzelfall gesondert fachärztlich zu prüfen.
Geschlechtsangleichende operative Maßnahmen bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen
sind:
·
Brustamputation (Mastektomie):
Die Brustamputation unter Erhaltung der Brustwarzen kann im begründeten
Einzelfall vorgezogen werden, wenn die Brust aufgrund ihrer Größe nicht durch
die Kleidung kaschiert
werden kann und eine sozial verträgliche Alltagserprobung in der Rolle als Mann
nicht zuläßt. Die oben genannten inhaltlichen Voraussetzungen für
geschlechtsangleichende
somatische Behandlung sollten dann aber bis auf die Erprobung der Lebbarkeit der
neuen Geschlechtsrolle hinreichend gegeben und die
psychiatrisch-psychotherapeutische
Begleitung/Behandlung mindestens 6-12 Monate erfolgt sein.
angleichende Genitaloperation Frau-zu-Mann:
·
Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke (Hysteroadnexektomie)
:
Von vaginal kann dabei auch die Scheide mit entfernt werden.
·
operativer Penoidaufbau und Implantation von Surrogathoden:
Operationen am äußeren Genitale haben noch nicht zu einem Standardkonzept
geführt. Die alternativen Techniken der Penoidaufbauplastik sind trotz
operationstechnischer Fortschritte weiterhin mit einer hohen Komplikationsrate
und mit entsprechend häufig erforderlichen Korrekturoperationen behaftet. Die
Ergebnisse sind weiterhin funktionell oft unbefriedigend. Deshalb sind
individuelle Lösungen angezeigt.
Transsexuellengesetz
Das aus 1980 stammende Transsexuellengesetz (TSG) ist als ergänzendes Gesetz zum Personenstandsgesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Es hat keinerlei direkten Bezug zur psychischen und somatischen Behandlung Transsexueller.
Das TSG
unterscheidet die Vornamensänderung ("kleine Lösung") von der Feststellung der
neuen Geschlechtszugehörigkeit bzw. der
Personenstandsänderung ("große Lösung").
Durch Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes vom 16.03.82 (1 BvR 938/81; NJW
1982: 2061) und vom 26.01.93 (1 BvR 38, 40, 43/92; NJW 1993: 1517) ist die vom
Gesetz vorgesehene Altersgrenze von 25 Jahren sowohl für die Vornamens- wie auch
für die Personenstandsänderung aufgehoben worden. Das TSG findet nur auf
deutsche Staatsbürger Anwendung; ausländische Mitbürger unterliegen den
jeweiligen rechtlichen Bestimmungen des Heimatlandes.
Für die Vornamensänderung müssen zwei Gutachter feststellen, daß der Betroffene transsexuell ist, seit mindestens 3 Jahren unter dem Zwang steht, den transsexuellen Vorstellungen entsprechend zu leben, und daß sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird. Hervorzuheben ist, dass das TSG dafür nicht verlangt, daß eine ärztliche bzw. psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung/Behandlung erfolgte. Auch wird vom Gesetz nicht verlangt, daß der Betroffene bereits seit 3 Jahren in der neuen Geschlechtsrolle gelebt hat. Dennoch werden die Vornamensänderungsgutachten in einem sehr hohen Prozentsatz missbräuchlich zur Erlangung der Kostenzusage für die geschlechtsangleichende Operation und als Operationsgutachten verwendet!
Zur Feststellung
der neuen Geschlechtszugehörigkeit bzw. für die Personenstandsänderung müssen
dieselben Voraussetzungen erfüllt sein wie für die Vornamensänderung. Darüber
hinaus muß sich der Betroffene einer geschlechtsangleichenden Operation
unterzogen haben und dauernd fortpflanzungsunfähig sein.
Für Frau-zu-Mann-Transsexuelle bedeutet dies die operative Brustverkleinerung
und die Entfernung der inneren Geschlechtsorgane; weitere Eingriffe (Scheidenverschluß,
Phallo- und Hodenplastik) sind derzeit nicht erforderlich (OLG Zweibrücken,
Urteil vom 07.05.93, Az. 3 W 5/93).
In der Praxis wird von den Betroffenen zumeist zweischrittig vor der geschlechtsangleichenden Operation die Vornamensänderung und nach der Operation die Personenstandsänderung beantragt. Das TSG sieht aber ausdrücklich auch die Möglichkeit vor, Vornamens- und Personenstandsänderung gemeinsam erst nach der geschlechtsangleichenden Operation zu beantragen. Die Kosten für die Gerichtsgutachten sind von den Betroffenen selbst zu tragen, ggf. besteht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe.
Möglicherweise steht eine umfassende Revision des TSG an.
Leistungspflicht der GKV
Die
Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) richtet sich nach dem
Sozialgesetzbuch V (SGB V) und seiner Ausgestaltung durch Ausführungsrichtlinien
und Sozialrechtsprechung. Im Speziellen ergeben sich die Leistungspflicht für
Behandlungsmaßnahmen bei Transsexualismus und die entsprechenden
sozialmedizinischen
Beurteilungskriterien aus der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere aus den
Urteilen LSG München vom 09.07.86 (L 4 Kr 118/84), BSG vom 06.08.87 (3 RK 15/86)
und BSG vom 10.02.93 (1 RK 14/92). Leistungspflicht und sozialmedizinische
Kriterien sind völlig unabhängig von den Regelungen des TSG, insbesondere ist
die Leistungspflicht nicht an eine vorherige Vornamensänderung gebunden.
Transsexualität
ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper-
bzw. Geisteszustand, bei dem eine innere Spannung besteht zwischen dem
körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit dem anderen
Geschlecht. Diese Spannung kann zu einem schweren Leidensdruck führen. Erst
durch diesen Leidensdruck wird Transsexualität im Einzelfall zu einer
krankheitswertigen Störung bzw. zu einer behandlungsbedürftigen Erkrankung im
Sinne des Krankenversicherungsrechtes. Nur wenn
psychiatrisch-psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis nicht zu
lindern oder zu beseitigen vermögen, gehört es nach der
Sozialrechtsprechung zu den Aufgaben der GKV, zur Linderung des krankhaften
Leidensdruckes die Kosten für eine geschlechtsangleichende Operation zu tragen.
Sozialmedizinische Begutachtung
Die Begutachtung von Leistungsanträgen bei Transsexualismus erfolgt beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein ( MDK ) zentralisiert und federführend psychiatrisch-psychotherapeutisch durch den Verfasser. In der Regel erfolgt die Begutachtung nach Aktenlage. Persönliche Beratungen und Untersuchungen sind möglich und erfolgen nach Notwendigkeit.
Formale
Voraussetzungen sind zunächst der jeweilige Leistungsantrag des Betroffenen bei
seiner Krankenkasse und deren Gutachtenauftrag an den MDK. Die Indikation für
die jeweilige Maßnahme stellt der behandelnde Arzt. Die sozialmedizinische
Begutachtung dient der Frage, ob bei der beantragten Leistung die medizinischen
Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der GKV vorliegen. Dies ist der Fall,
wenn eine krankheitswertige Störung besteht, die einer medizinischen Behandlung
im Sinne von Heilung oder Linderung zugänglich ist und wenn die beantragte
Maßnahme eine adäquate medizinische Behandlung darstellt. Grundlage der
sozialmedizinischen Beurteilung sind zunächst die Antragsunterlagen. Diese
sollen für die jeweils beantragte Maßnahme in angemessener Ausführlichkeit die
transsexuelle Entwicklung, die diagnostische Sicherung und Verlaufsbeobachtung,
die Alltagserprobung der neuen eschlechtsrolle, die
psychiatrisch-psychotherapeutische Begleitung/Behandlung und die Auswirkungen
der gegengeschlechtlichen Hormontherapie nachvollziehbar sowie die aktuelle
psychische und psychosoziale Situation deutlich machen. Das gilt in ganz
besonderer Weise für Anträge auf angleichende Genitaloperation, für die ein
ausführlicher
psychiatrisch-psychotherapeutischer Befund- und Verlaufsbericht unverzichtbar
ist. Der begutachtende Psychiater prüft die ihm vorgelegten Unterlagen unter
Anwendung der sozialrechtlichen Kriterien und der Behandlungsleitlinien.
Ist die Diagnose nicht gesichert, steht eine vorrangig zu behandelnde Begleiterkrankung im Vordergrund oder ist die psychotherapeutische Begleitung nicht im notwendigen Umfang dokumentiert, wird der begutachtende Psychiater auf den weiteren Abklärungs- und/oder psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsbedarf verweisen. Bei besonderen, die psychiatrische Fachkompetenz übersteigenden Fragestellungen werden andrologische/urologische, gynäkologische, dermatologische, HNO-ärztliche und ggf. auch andere interne fachärztliche Konsiliargutachten eingeholt.
Bei Anträgen auf
angleichende Genitaloperation, die die formalen Voraussetzungen erfüllen, wird
regelmäßig ein externes psychiatrisch-psychotherapeutisches Konsiliargutachten
eingeholt. Auf diese Weise wird die vom behandelnden Psychiater, ärztlichen oder
psychologischen Psychotherapeuten nachvollziehbar gemachte
Indikationsstellung durch eine psychiatrisch-psychotherapeutische
Zweitbeurteilung gesichert. Nach Möglichkeit wird damit einer der beiden vom
Gericht im Vornamensänderungsverfahren hinzugezogenen Gutachter vom MDK
beauftragt, soweit die Gerichtsbegutachtungen bereits erfolgt sind oder
zumindest die Gutachter vom Gericht benannt wurden. Die abschließende
sozialmedizinische Stellungnahme erfolgt in kritischer Würdigung des
psychiatrisch-psychotherapeutischen Befund- / Verlaufsberichtes, des
psychiatrisch-psychotherapeutischen Konsiliargutachtens und der übrigen
Antragsunterlagen.
Antragsunterlagen
Zur sozialmedizinischen Beurteilung der Indikation einer angleichenden Genitaloperation werden in der Regel die folgenden medizinischen Unterlagen benötigt:
·
möglichst konkreter Leistungsantrag des Betroffenen;
Gutachtenauftrag der Krankenkasse;
· andrologischer / urologischer bzw. gynäkologischer Befundbericht über den Genitalstatus einschließlich hormoneller und genetischer Ausschlußdiagnostik;
· endokrinologischer Befund- / Verlaufsbericht über die gegengeschlechtliche Hormontherapie, deren Dauer, Auswirkungen und Verträglichkeit;
· psychiatrisch-psychotherapeutischer Befund- / Verlaufsbericht mit Eckdaten zu folgenden Aspekten:
· Dauer und Umfang der psychiatrisch-psychotherapeutischen Begleitung / Behandlung;
· biographische Anamnese und Verlauf der transsexuellen Entwicklung;
· Diagnose und deren Absicherung im Behandlungsverlauf;
· ggf. psychiatrische Vor- und Begleiterkrankungen und deren Behandlungsstand;
· Erscheinungsbild, Verhalten, Erleben und Persönlichkeit;
· körperliche Gegebenheiten für das Leben in der neuen Geschlechtsrolle;
· Behandlungsverlauf und Alltagserprobung der neuen Geschlechtsrolle;
· innere Stimmigkeit des Identiätsgeschlechtes und Stabilität des Identitätsgefühls in der neuen Geschlechtsrolle;
· psychisches Befinden und Gleichgewicht, Sicherheit der Geschlechtsrolle, Sexualität, Beziehungen zu Partnern, Familie und Freunden, Arbeitsfähigkeit und soziale Akzeptanz;
· realistische Einschätzung der Möglichkeiten, Grenzen und Risiken der hormonellen / operativen Behandlung.
Zur sozialmedizinischen Beurteilung der Indikation gegengeschlechtlicher Hormontherapie, vorgezogener Epilation und vorgezogener Brustamputation werden im wesentliche die gleichen oben bezeichneten Antragsunterlagen benötigt, wobei aber Zwischenberichte ausreichen und für die gegengeschlechtliche Hormontherapie der endokrinologische Befund-/Verlaufsbericht entfällt.
Häufig ist es
schwierig, genügend ausführliche Befund-/ Verlaufsberichte zu erhalten. Soweit
die Gerichtsgutachten zur Vornamensänderung vorliegen, ist es sehr hilfreich,
diese ergänzend vorzulegen. In aller Regel geben diese Gerichtsgutachten sehr
ausführliche Hintergrundinformationen zur Biographie, zur transsexuellen
Entwicklung, zur Diagnose und Differenzialdiagnose sowie zu ggf. bestehenden
körperlichen und psychiatrischen Vor- und Begleiterkrankungen; häufig sind
bereits - auch wenn für eine Vornamensänderung nach TSG nicht gefordert - bis zu
diesen Gerichtsbegutachtungen schon wesentliche Behandlungsschritte
und auch schon eine Alltagserprobung in der neuen Geschlechtsrolle erfolgt und
beschrieben. Entsprechend kann dann der psychiatrisch-psychotherapeutische
Therapiebericht kürzer ausfallen, bleibt aber bei Anträgen auf
geschlechtsangleichende operative Maßnahmen unverzichtbar.
Literatur:
·
H. Saß, H. Wittchen, M. Zaudig:
diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen DSM IV; Hogrefe,
1996
·
Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association:
Standards of Care for Gender Identity Disorders, 6.
Version, Februar
2001; http://www.hbigda.org/socv6.html
·
S. Becker, H. Bosinski, U. Clement, W. Eicher, T. Goerlich, U.
Hartmann, G. Kockott, D. Langer, W. Preuss, G. Schmidt, A. Springer, R. Wille:
Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen
der deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, der Akademie für Sexualmedizin
und der Gesellschaft für Sexualforschung;
Sexuologie 4, 1997: 130 - 138
·
F. Pfäfflin:
Transsexualität; Beiträge zur Psychopathologie, Psychodynamik und zum Verlauf;
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Transsexualität, Behandlung und Begutachtung;
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Abschlußbericht Behandlungsmaßnahmen bei Transsexualität;
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KCM Schwulenzentrum Münster e. V., Transidentität-Selbsthilfegruppe
Münster:
X und/oder Y; Transidentität - ein Phänomen mit vielen Unbekannten;
Informationsbroschüre Band 6 aus der Schriftenreihe des KCM Schwulenzentrums
Münster e. V.,
Münster, 2001 (ISSN 0948-7530).
Dr. med. Hans-Günter Pichlo
April 2002
Dr.
Hans-Günter Pichlo
MDK Nordrhein
Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Beratungs- und Begutachtungszentrum Köln
- Sozialmedizin -
Von-Werth-Str. 37